Stiftung «Zugang für alle»

Informations- und Kommunikationstechnologien sind bei der Arbeit und für die alltägliche Lebensführung unverzichtbar geworden. Die von der Stiftung «Zugang für alle» bereits zum vierten Mal durchgeführte Accessibility-Studie 2016 zeigt aber, dass nach wie vor zahlreiche Websites und Mobile Apps nicht für alle Menschen zugänglich sind. Für 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung ist die Nutzung des Internets eingeschränkt und damit die Teilnahme an vielen gesellschaftlichen Bereichen nicht möglich. Die Resultate zeigen: Es besteht dringender Handlungsbedarf.

Websites, Apps, Video- oder Musikplattformen – das Angebot an audiovisuellen Informationskanälen und Unterhaltungsangeboten ist immens. Dabei geht oft vergessen, dass es Menschen gibt, die einen Grossteil davon gar nicht nutzen können, weil sie akustisch und/oder visuell eingeschränkt sind. Websites, die schnelle Eingaben erfordern, sind beispielsweise für Menschen mit motorischer Behinderung nicht bedienbar, wenn zu rasch die folgende Meldung erscheint: «Ihre Sitzung ist abgelaufen». Um der digitalen Barrierefreiheit auf den Grund zu gehen, untersuchte ein gemischtes Team aus Web-Accessibility-Experten mit und ohne Behinderungen für die Accessibility-Studie 2016 rund 100 Websites der öffentlichen Hand und privater Unternehmen. Erstmals wurden auch 15 Mobile Apps getestet.

Öffentliche Institutionen schneiden besser ab

Die Websites von öffentlichen Institutionen wie Bund und bundesnahen Betrieben schneiden bei der Untersuchung deutlich besser ab als solche von privaten Anbietern. 10 von 11 Websites der Bundesbehörden sind grösstenteils barrierefrei. Bei Betrieben wie der Post oder der SBB erzielen 3 von 5 Internetauftritten gute Ergebnisse.

Die Resultate der Kantone und der Städte verharren auf unbefriedigend tiefem Niveau: Nur 11 der 26 kantonalen Websites sind laut Testbewertung zugänglich. Bei den zehn grössten Städten der Schweiz schneidet die Hälfte ungenügend bis schlecht ab. Damit sind diese Websites nur teilweise oder gar nicht behindertentauglich. Besonders enttäuschend ist die ungenügende Barrierefreiheit bei der Mehrheit der getesteten Hochschul-Websites. Gerade im Bereich Aus- und Weiterbildung ist Inklusion jedoch wichtig.

Alarmierende Situation bei Newsportalen und Online-Shops

Sehr bedenklich sieht das Bild bei den privaten Unternehmen aus: Die grosse Mehrheit der untersuchten Websites ist nur teilweise oder überhaupt nicht zugänglich. Gerade in den beiden getesteten Bereichen Newsportale und Online-Shops ist dies besonders unverständlich. Werden doch dadurch für Menschen mit einer Behinderung eine selbständige und unabhängige Informationsbeschaffung sowie die uneingeschränkte Alltagsbewältigung verunmöglicht.

Accessibility als Chance

Die zunehmende Digitalisierung ebnet vielen Menschen und insbesondere Personen mit einer Behinderung den Weg zur Selbstständigkeit und Chancengleichheit. Internetangebote können helfen, Barrieren abzubauen. Gleichwohl schaffen sie neue Hindernisse – nämlich dann, wenn sie nicht für alle Menschen zugänglich umgesetzt sind. Grund dafür sind das fehlende Bewusstsein und das Wissen, wie Websites und Mobile Apps barrierefrei realisiert werden. Wird zudem die Barrierefreiheit bereits bei der Planung einer neuen Website oder App berücksichtigt, entstehen kaum nennenswerte Zusatzkosten. Mit einer zugänglichen Website können Unternehmen und Dienstleister wesentlich mehr Menschen und damit potenzielle Kunden erreichen.

Einschränkungen bei der Internetnutzung sind vielfältig und nur teilweise auf Behinderungen zurückzuführen. So wären beispielsweise sprachlich vereinfachte Websites nicht nur für Menschen mit kognitiven Einschränkungen hilfreich, sondern auch für User, die die jeweilige Sprache nur ungenügend beherrschen. Unübersichtliche und kompliziert gestaltete Websites können für ältere Menschen zum Problem werden. Sie nutzen diese nicht oder nur teilweise, weil die Benutzerführung nicht selbsterklärend ist.

Ausführliche Testresultate und interessante Artikel

Bernhard Heinser, Geschäftsführer von «Zugang für alle», stellt ernüchtert fest:

«Die Resultate der Schweizer Accessibility-Studie 2016 zeigen, dass nach wie vor grosser Handlungsbedarf besteht. Insbesondere private Anbieter müssen in die Pflicht genommen werden»

Die Studie beinhaltet neben den ausführlichen Testresultaten interessante Artikel zu Themen rund um E-Accessibility und E-Inclusion sowie ein Vorwort von Bundesrat Alain Berset.

Quelle

Die Studie steht als barrierefreies PDF in Deutsch

«Die Post bemüht sich seit vielen Jahren, ihre digitalen Kanäle barrierefrei anzubieten. Eine gute Zugänglichkeit erleichtert nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch allen übrigen, mit einem Dienstleister erfolgreich zu interagieren.»

Marco Imboden, Leiter Kommunikation, Die Schweizerische Post

Über die Stiftung «Zugang für alle»

«Zugang für alle», die Schweizerische Stiftung zur behindertengerechten Technologienutzung, versteht sich als Kompetenzzentrum und Vermittlerin zwischen dem Anwenderkreis von Menschen mit Behinderungen, die die technologischen Hürden zu spüren bekommen, und Informations- und Geräteanbietern. «Zugang für alle» zertifiziert seit 2006 barrierefreie Websites. Neben diversen Dienstleistungen zu Barrierefreiheit engagiert sich die gemeinnützige Stiftung in zahlreichen Gremien, sensibilisiert die Öffentlichkeit, Behörden und Dienstleistungsanbieter, erarbeitet Hilfsmittel und Standards, wirkt als Anlaufstelle zu Accessibility und ist Forschungspartner von Hochschulen und Universitäten. «Zugang für alle» ist Mitglied von proFonds, Dachverband der gemeinnützigen Stiftungen der Schweiz.

Foto CCO Public Domain via Pixabay

Von Redaktion

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert