Bundesgericht LausanneBundesgerichtspalast Lausanne, Foto CC 3.0 by Roland Zumbühl, Wikimedia

Betreibung, Verlustschein, Verzugsschaden? In diesem Artikel erklären wir anhand eines fiktiven Beispiels, was die einzelnen Fachausdrücke bedeuten.

Wenn eine offene Forderung auch nach Mahnung nicht bezahlt wird, kann der Gläubiger beim Schuldner das Geld einfordern. Über das Betreibungsamt kann eine Betreibung eingeleitet werden. In der Fachinfo Betreibungswesen des Bundesamts für Justiz steht dazu:

«Der Gläubiger stellt ein Betreibungsbegehren an das Betreibungsamt des Wohnsitzes des Schuldners. Darin bezeichnet der Gläubiger u. a. eine Forderung, ohne ihre Rechtmässigkeit zu diesem Zeitpunkt nachweisen zu müssen. Das Betreibungsamt erstellt daraus den Zahlungsbefehl, eine formelle Aufforderung, die Schuld zu tilgen, und stellt diese dem Schuldner zu.»

Quelle: Fachinfo Betreibungswesen

Die Kosten für das Verfahren sind vom Gläubiger vorzuschiessen, werden jedoch dann durch das Betreibungsamt dem Schuldner in Rechnung gestellt.

Verlustschein nach erfolgloser Betreibung

Ist die Betreibung erfolglos und steht die Höhe des Verlustes fest, kann das Betreibungsamt oder das Konkursgericht einen Verlustschein ausstellen. Ein solcher Verlustschein verjährt nach 20 Jahren. Während dieser Zeit kann die Betreibung erneut eingeleitet werden. Grosser Vorteil für den Schuldner ist, dass nach Ausstellung des Verlustscheins keine weiteren Zinsen auf die offenen Forderungen anfallen. Verlustscheine können verkauft werden. Manche Inkassounternehmen bieten sogenanntes Verlustscheininkasso an. Das Inkassounternehmen fordert dabei die offenen Schulden ein. Für den Auftraggeber des Inkassounternehmens (den Gläubiger) fallen dabei üblicherweise im Nichterfolgsfall keine Kosten an. Falls das Inkasso jedoch erfolgreich ist, bekommt er bares Geld zurück, das er anderenfalls hätte abschreiben müssen.

Ein fiktives Beispiel:

Das Thema ist ziemlich kompliziert, deshalb nachfolgend ein kleines Beispiel, wie es zum Inkasso kommen kann:
Celine W. hätte gerne ein neues Smartphone, eine dazugehörige Smartwatch und einen neuen Laptop. Der Computerladen macht ein Topangebot: Er bietet zinsfreie Ratenzahlung für 18 Monate ohne Anzahlung an. Da sie das Geld nicht bar aufbringen kann, unterzeichnet Celine W. einen solchen Vertrag zur Ratenzahlung. Celine W. kann die Raten jedoch mit ihrem Lehrlingsgehalt nicht abzahlen. Der PC-Store mahnt die offene Forderung in Höhe von über tausend Franken. Celine W. ignoriert die Mahnungen.

Das IT-Fachgeschäft ist in diesem Fall der Gläubiger, Celine W. ist die Schuldnerin.

Der Computerladen stellt beim Betreibungsamt ein Betreibungsbegehren. Die Betreibung gegen Celine W. wird eingeleitet. Da sie jedoch über keine nennenswerten Sach- oder Geldwerte verfügt und ihr Lehrgehalt sehr klein ist, kann ihr kein Geld gepfändet werden. Da die Schuldbetreibung erfolglos ist, wird vom Betreibungsamt ein Verlustschein ausgestellt. Das PC-Unternehmen entscheidet, die Bewirtschaftung des Verlustscheins an ein professionelles Inkassounternehmen abzugeben. Das Inkassobüro überwacht die Lebens- und Vermögenssituation von Celine W. und versucht, das Geld einzufordern. Wenige Jahre später, als Celine W. ihre Berufsausbildung abgeschlossen hat und einen festen Job bekommt, kann das Inkassounternehmen die offenen Forderungen bei Celine W. eintreiben. Der Computerladen bekommt einen Grossteil der Schulden von Celine W. ausbezahlt; die Inkassofirma behält eine Bearbeitungsgebühr ein.

Konsumentenschutz: Geltendmachung von Verzugsschaden nur selten zulässig

Ein Tipp am Rande:

Viele Inkassofirmen machen neben den Verzugszinsen zusätzlich noch einen sogenannten Verzugsschaden geltend. Dieser ist nur in dem Fall zulässig, dass dem Auftraggeber des Inkassounternehmens tatsächlich ein bezifferbarer finanzieller Schaden entstanden ist. Die Dienstleistung des Inkassounternehmens ist nicht durch den Schuldner zu erstatten, sondern muss vom Gläubiger (Auftraggeber des Inkassounternehmens) getragen werden. Sollte in den Geschäftsbedingungen des Gläubigers jedoch aufgeführt sein, dass Mahnspesen anfallen, müssen diese vom Schuldner selbstverständlich entsprechend bezahlt werden.

Quellen:

• Wikipedia.org: Inkassounternehmen (Schweiz)
• Die-Inkasso.ch: Inkasso Unternehmen
• Konsumentenschutz.ch: Wehren Sie sich gegen «Verzugsschaden»
• e-service.admin.ch: Bundesamt für Justiz
Fachinfo Betreibungswesen

Von Redaktion

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